In der Regel werden Milben vom Besitzer erst dann erkannt, wenn ein Tier massiv davon befallen ist. Meistens kann man sie erst erkennen, wenn sie voll gefressen sind. Vorher sind sie winzig und fast durchsichtig.
Wer keine Erfahrung in der Erkennung und Bekämpfung von Milben hat, der sollte auf jeden Fall fachkundigen Rat beim Tierarzt suchen. Auch sollte man keine unnötige Zeit für die Behandlung verstreichen lassen: es geht nicht von alleine weg! Nur so ist größerer Schaden für andere Tiere und die betroffenen Menschen zu vermeiden. Aber keine Panik: Milben sind normalerweise inerhalb von zwei Wochen ausrottbar. Was sind Milben ?
Die Milben (Ordnung Acari) sind mit ca. 40.000 beschriebenen Arten die größte der Arachniden-Ordnungen innerhalb der Klasse der Spinnentiere (Arachnida). Die dunkelbraunen oder rötlich gefärbten Tiere zeichnen sich durch eine geringe Größe (normalerweise 0,1-4mm) aus, durch einen ungeteilten Körper, und oft durch eine starke Reduktion diverser Körperteile. Die Mundwerkzeuge sind an ihren Basen stets zu einem sog. Gnathosoma verschmolzen. Die Geschlechtsöffnung auf der Bauchseite ist nach vorne verschoben und liegt zwischen den Beinen. Der genaue Aufbau kann sehr verschieden sein. Milben leben praktisch überall auf der Erde, auf dem Land wie im Wasser, in Wüsten wie auch in der Antarktis.
Es wurden bisher ca. 250 Milbenarten als Reptilienparasiten identifiziert. Eine der häufigsten ist die Schlangenmilbe (Ophionyssus natricis).
Die meisten Arten ernähren sich von Haut und Hautprodukten ihrer Wirte, die sie sich nicht gezielt aussuchen. Hund und Katze, alle sog. Heimnager, Vögel, Reptilien und sogar Amphibien werden von ihnen geplagt. Milben gehen auch auf Menschen über.
Die Übertragung erfolgt in der Regel durch direkten Körperkontakt bzw. durch benachbarte Käfige bzw. Terrarien. Ein weiterer Weg der Einschleppung ist der Mensch selbst: Z.B. lässt sich die Larve der Herbstgrasmilbe von Zweigen und Gräsern auf vorbeikommende Warmblüter (also auch Menschen) fallen und wird so in die Wohnung gebracht.
Milben sind in starkem Maße von der relativen Luftfeuchtigkeit der sie umgebenden Luft abhängig. Dermatophagoides pteronyssinus und D. farinae können bereits bei einer relativen Feuchte von 55 bis 65% und einer Temperatur von 25°C überleben. Eine Vermehrung findet jedoch erst ab 60% relativer Luftfeuchtigkeit statt.
Milben bevorzugen eine Temperatur um 25°C. Jedoch können sie selbst Temperaturen von 60°C eine Stunde lang überleben. Bei höheren Temperaturen sinkt die Überlebensrate und -zeit stark ab.
Unter günstigen Bedingungen werden einige Milbenarten innerhalb von nur einigen Tagen geschlechtsreif. Von der Eiablage bis zum Schlupf vergehen nur wenige Tage. Die Lebenserwartung kann 1 Jahr betragen. Bei ungenügenden Umweltbedingungen können die Milben bis zu 3 Jahre im Larvenstadium verbringen. Nach jeder Blutmahlzeit werden einigen hundert Eier abgelegt. Wie erkennt man Milben ?
Die Lokalisation am Tier hängt von der Art der Milben ab (auf, in, unter der Haut). Milben leben bei Reptilien meist in nestartigen Ansammlungen unter den abgespreizten Schuppen, vor allem auf der Haut, unter den Schuppen, im Bereich der weicheren Hautschichten, an den Augen, am Hals, in den Ohröffnungen, an den Extremitäten und am Schwanzansatz. Im Terrarium sind sie nicht so gut wie gar nicht zu erkennen, da sie sich überall in der Innenausstattung (Rückwände, Einstreu, Wurzeln, Äste, Pflanzen etc.) des Terrariums befinden und erst am späten Abend aktiv werden.
Ein massiver Milbenbefall verursacht starken Juckreiz. Hinzu kommen eventuell räudeartige Veränderungen der Haut, Haarausfall, Schuppen- und Krustenbildung bzw. kalkartige Beläge auf den betroffenen Körperstellen. Die befallenen Tiere werden unruhig. Reptilien, vor allem Schlangen liegen stunden- oder sogar tagelang im Wasser, um die Milben los zu werden.
Deshalb ist es ratsam, keine schwarzen oder dunklen Wassergefäße als Trink- und Badebecken für Reptilien zu benutzen. In weißen oder hellen Becken sind die ertrunkenen Parasiten gut sichtbar.
Bei jedem Milbenbefall gilt aber: Milben sind sog. Sekundärerreger! Es kommt nur dann zu einer massiven Vermehrung dieser Parasiten, wenn irgendetwas anderes nicht stimmt. Wenn also die Tiere (egal ob Nager, Vögel, Reptilien, Hund, Katze oder Mensch) ohnehin krank sind, nicht optimal gehalten werden und dadurch unter starkem Stress stehen, z.B. wenn die maximale Besatzdichte oder die Mindestterrariengröße nicht eingehalten wird, aber auch bei extrem hohen Temperaturen bzw. Luftfeuchtigkeiten. Sind es nur wenige Milben, so ist dies für ein gesundes Tier kein Problem. Welche Mittel gibt es und was bewirken sie ?
* Chemische Wirkstoffe
o Pyrethroide (z.B. Permethrin) ein synthetisch hergestellter Abkömmling von den natürlichen Inhaltsstoffen der Chrysantheme. Dieses Kontaktgift bewirkt. dass die Nervenreize von Milben nicht weitergeleitet werden. Dies führt zu einer Lähmung bzw. bei einer genügend langen Einwirkdauer zum Tod der Milben. Es werden nur die ausgewachsenen Milben getötet, nicht deren Eier. Deshalb sich muss die Behandlung über einen ganzen Reproduktionszyklus (mindestens 7 Tage) erstrecken. Obwohl bei vielen Tierarten das Mittel eine sehr gute Verträglichkeit aufweist, zeigen Katzen und Reptilien schon nach Konzentrationen von mehr als 0,05% bzw. 0,002 mg/kg Körpermasse Vergiftungs-erscheinungen.
o Organische Phosphorsäureester (z.B. Tetrachlorvinphos, Dichlorvos, Dimpylat) Die Wirkungsweise entspricht der von Permethrin. Die Verträglichkeit ist im Allgemeinen gut, nur Jungtiere, unter Stress stehende, geschwächte Tiere, sowie hochträchtige Tiere und Reptilien (Häutungsprobleme möglich!) können empfindlich reagieren. Organophosphate sind biologisch abbaubar und werden weder innerhalb, noch außerhalb des Organismus gespeichert. Die akute Toxizität ist jedoch zumeist hoch.
Blattanex® Fliegenstrip 40 von der Fa. Bayer ist das am meisten verbreitete Mittel mit Phosphorsäureester, es enthält den Wirkstoff Dichlorvos. Blattanex® verliert seine Wirksamkeit bei höherer Luftfeuchtigkeit, weswegen das Terrarienklima, zumindest bei den Tieren, die es feucht brauchen, in eigentlich falscher Weise geändert werden muss. Blattanex® darf nicht in dem gleichen Zimmer angewendet werden, in dem Insekten (Grillen, Heuschrecken etc.) oder (Vogel-) Spinnen und Skorpione leben. Diese würden ebenfalls eingehen.
o Carbamate (z.B. Propoxur) Gegen beißende und saugende Arthropoden wirken Carbamate als Fraß- und Kontaktgift durch eine reversible Enzymhemmung wie auch die Pyrethroide und die Phosphorsäureester.
Propoxur ist sehr gut verträglich, sogar für Katzen und Jungtiere (ab der 10. Woche). Trächtige Tiere und solche mit Kreislauf-Erkrankungen dürfen nicht behandelt werden.
o Phenylpyrazole (z.B. Fipronil) Fipronil wirkt als Kontaktgift und hemmt den Gamma-Amino-Buttersäure-Rezeptor in den Milben. Das heißt, dass es zu einer Übererregung kommt. Die Milben agieren in einer derart überdrehten Art und Weise, bis sie völlig erschöpft sterben.
Fipronil zeichnet sich durch eine schnelle Kontakt- und eine lang anhaltende Residualwirkung aus. Es ist im Wasser stabil und resistent gegenüber UV-Licht.
Bei Jungtieren gab es bereits Todesfälle bei Anwendung von diesem Produkt.
Die genannten Wirkstoffe dürfen nicht gleichzeitig mit Wurmkuren angewendet werden.
* Natürliche Wirkstoffe
o Neembaumöl Der Hauptinhaltsstoff „Azadirachtin“ wirkt schädigend auf die einzelnen Entwicklungsstadien von Insekten und Spinnentieren, also Milben. Es kommt zu Problemen bei der Häutung, Ausbildung von verkrüppelten Flügeln, sowie zu Fortpflanzungsstörungen und damit letztendlich zum Absterben der Insekten bzw. Spinnentiere. Katzen, Jungtiere und Meerschweinchen vertragen die direkte Behandlung mit Neembaumöl nicht so gut.
o Teebaumöl Teebaumöl wird aus den Blättern des Australischen Teebaums (Melaleuca alternifolia) durch Destillation gewonnen. Die Wirksamkeit und ebenso die Verträglichkeit des Produktes ist abhängig vom Reinheitsgrad und der Konzentration der vorliegenden Lösung. Teebaumöl hat desinfizierende, leicht antibakterielle Wirkung und soll, durch den ziemlich strengen Geruch, Parasiten abwehren, die man aber ansonsten direkt erwischen muss, um sie sicher abzutöten. Auch hier gilt: Vorsicht bei der direkten Anwendung bei Katzen und bestimmten Nagetierarten (z.B. Meerschweinchen).
o Ätherische Öle Die Wirkung basiert hier auf einer Abwehr der Insekten aufgrund des für sie unangenehmen Geruchs. Zum Abtöten muss man sie allerdings direkt erwischen und ertränken.
o Produkte auf Molkebasis Diese Produkte zeichnen sich durch sehr gute Verträglichkeit für Tier, Mitmensch und Umwelt aus. Sie tragen zur Beruhigung der durch Parasiten und Juckreiz geschädigten Hautpartien der Tiere aus. Die Parasiten lassen sich mit diesen Wirkstoffen nur dann töten, wenn man sie direkt ertränkt.
Wie bekämpft man Milben ?
Die Behandlung zielt auf folgende Punkte:
1. Die Milben auf den Tieren müssen unschädlich gemacht werden. 2. Die Milben im Terrarium müssen unschädlich gemacht werden. 3. Die Eier der Milben müssen unschädlich gemacht werden. 4. Die befallenen Tiere dürfen nicht geschädigt werden.
Gute Erfolge werden mit folgenden Maßnahmen erreicht:
* am Tier
o Besprühen bzw. Abreiben der Tiere mit einem geeigneten Mittel (s.o.). Dabei muss auf die Dosierung in Abhängigkeit der generellen Empfindlichkeit der Reptilienart bzw. -größe geachtet werden. Die Augen der Tiere sollten abgedeckt werden.
o Ggf. systemische Ektoparasitenbehandlung (durch den Tierarzt)
o Ggf. Behandlung sekundärer Hautwunden (durchs Kratzen entstanden) z.B. mit Betaisadonna-Lösung oder -Salbe.
* in der Umgebung
o Gründliche Reinigung des Terrariums mit heißem Wasser und Seifenlösung
o Gründliche Desinfektion des Terrariums bzw. der Einrichtungsgegenstände mit einem geeignetem Desinfektionsmittel zur Abtötung der evtl. durch die Parasiten, eingeschleppten Bakterien und / oder Viren.
Kleinere Einrichtungsgegenstände können in der Mikrowelle desinfiziert werden. Abkochen, Backofen oder Dampfstrahlen helfen, sind aber nicht vollständig wirksam, vor allem nicht gegen die Eier.
o Aussprühen des Terrariums mit einem geeigneten Akarizid zur Abtötung von evtl. noch vorhandenen Parasiten.
Dabei haben sich Präparate wie Bactazol bewährt, die stark ausgasen, da so auch Milben getötet werden können, die sich in Ritzen versteckt haben, die mit anderen Mitteln nicht erreichbar sind. Danach gründlich auslüften und erneut reinigen.
o Einstreu komplett austauschen; die befallenen Tiere werden für die gesamte Behandlungsdauer auf Zeitungspapier gehalten.
o Optimierung der Haltungsbedingungen
Da die Eier nicht mit abgetötet werden können, ist eine tägliche Durchführung der beschriebenen Maßnahmen erforderlich, da laufend neue Milben schlüpfen.
Wenn dies nicht innerhalb kurzer Zeit (7-10 Tagen) hilft, ist unbedingt ein Tierarzt aufzusuchen.